Wie aus Wissen Kompetenz wird
Digitale Lernplattformen ermöglichen flexibles Wissen, steigern die Attraktivität des Pflegeberufs und verbessern die Versorgungsqualität. Gleichzeitig fördern sie innovative Lernmethoden und Austausch. Tauschen Sie sich dazu mit den Ausstellenden in Halle 9 mit dem Schwerpunkt "Beruf & Karriere" aus und besuchen Sie das Forum Beruf und Karriere.
Wie aus Wissen Kompetenz wird
Digitale Lernplattformen schaffen nicht nur eine effizientere und flexiblere Wissensvermittlung, sondern tragen auch dazu bei, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und die Qualität der Patientenversorgung zu steigern.
Flexibles Lernen für eine bessere Pflegequalität
Digitale Lerninhalte ermöglichen Pflegekräften den Zugriff auf aktuelle Erkenntnisse und Richtlinien in der Pflege. Außerdem bieten digitale Lernplattformen die Möglichkeit, Inhalte individuell anzupassen, indem sie auf den vorhandenen Wissensstand der Fachkräfte eingehen und ihre spezifischen Bedürfnisse berücksichtigen. „Diese Plattformen erleichtern die Aus- und Weiterbildung auch dann, wenn praktische Anleitungen in stationären Einrichtungen nicht unmittelbar verfügbar sind oder wenn ambulante Pflegekräfte eine fachliche Absicherung benötigen“, weiß Dr. Sievert Weiss. Er ist Mitbegründer und klinischer Leiter bei Amboss, der Wissens- und Lernplattform für Mediziner:innen in Deutschland. Auf diese Weise werde die digitale Aus- und Weiterbildung nicht nur zu einer Notwendigkeit, sondern auch zu einem motivierenden und integrierten Bestandteil der beruflichen Entwicklung. Gleichzeitig trägt sie Weiss zufolge wesentlich zur Verbesserung und Vereinheitlichung der Ausbildungsqualität bei. Die zentrale Bereitstellung von Lernmaterialien stellt sicher, dass alle Auszubildenden Zugang zu hochwertigen und einheitlichen Inhalten haben.
Hybrid statt einseitig: Die Zukunft der Pflegeaus- und Weiterbildung
Digitale Lernplattformen ersetzen dabei keine klassischen Fortbildungsmaßnahmen, sondern ergänzen diese. Die Zukunft der Pflegeaus- und -weiterbildung ist hybrid und kombiniert digitales Lernen mit praktischen Erfahrungen und persönlichem Austausch.
„Digitalisierung dient als Werkzeug, um Komplexität beherrschbar zu machen.“ Davon ist Anne-Katrin Gerhardts überzeugt. Sie ist Organisationsentwicklerin in der Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz e.V. und Vorstandsmitglied im Gründungsausschuss der Pflegekammer Baden-Württemberg. Die bewusste Entscheidung, wie die Digitalisierung in der Pflege eingesetzt wird – etwa zur Vereinfachung von Arbeitsabläufen – hilft laut Gerhards, die komplexen Herausforderungen des Pflegealltags zu meistern. „So werden digitale Tools zu wichtigen Arbeitsinstrumenten.“
Innovative Lernformen: Chatbots und Micro-Learning auf dem Vormarsch
In den kommenden drei Jahren wird Chatbots eine bedeutende Rolle im Bereich digitaler Lernformen zugeschrieben. Die Trendstudie 2023/2024 zur Entwicklung des digitalen Lernens zeigt, dass 79 Prozent der Befragten diese KI-gestützte Lernmethode für sehr relevant halten – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 54 Prozent im Vorjahr. Spitzenreiter bleiben jedoch wie zuvor: Blended Learning (89 Prozent), Video-Tutorials (85 Prozent) und Micro-Learning (85 Prozent).
Gerhards empfiehlt Pflegeeinrichtungen, das erworbene Wissen nachhaltig zu sichern. So können alle Mitarbeitenden gleichberechtigt darauf zugreifen. Angebote wie Webinare, Communities of Practice oder E-Portfolios unterstützen Mitarbeitende dabei, ihre eigenen Kompetenzentwicklungsprozesse voranzutreiben.
Mit portioniertem Wissen didaktisch Komplexität reduzieren
Um kontinuierliches Lernen in den Alltag zu integrieren, empfiehlt Heike Jurgschat-Geer strukturierte Übergaben, Mikroschulungen und Kollegiale Beratung. Wichtig ist laut der Beraterin im Gesundheitswesen dabei, Fortbildungen bewusst zu gestalten.
Vorteile und Ziele strukturierter Übergaben sind, relevantes Wissen weiterzugeben, Wichtiges von Unwichtigem zu differenzieren, Zeitressourcen effizient zu nutzen und fokussiert und professionell zu kommunizieren. Als Vorgehensweise empfiehlt sie eine Struktur in Anlehnung an das SBAR-Schema: Situation: Was ist passiert? (Momentane Situation), Background: Was ist die Vorgeschichte?, Assessment: Was ist das vermutliche Problem?, Recommendation: Was ist zu tun? (etwa Angehörigengespräche, Verlegung)
Mikroschulungen portionieren Wissen in kleine Happen. Sie zielen darauf ab, aktives Lernen zu fördern, Wissen auffrischen, zu vertiefen und zu verfestigen und ergänzen somit klassische Trainings. „Dieses portionierte Wissen reduziert didaktisch Komplexität“, so Jurgschat-Geer. Bekannte Beispiele sind die Factsheets, One-Minute-Wonder-Poster oder die Quick-Reference-Card, eine Kurzanleitung in Form einer Infografik. Solche Aushänge helfen, vorhandenes Wissen zu aktivieren und aufzufrischen. Gleichzeitig werden Wissenslücken geschlossen und das Interesse an einer Vertiefung geweckt. Nicht zuletzt unterstützen die visuellen Impulse den Theorie-Praxis-Transfer. Heike Jurgschat-Geer schlägt ihren gezielten Einsatz als Baustein in themenspezifischen Schulungskonzepten vor.
Kollegiale Beratung: Reflexion und Problemlösung im Team
Komplexer ist die Methode der Kollegialen Beratung. Sie dient der systematischen Reflexion und Lösung von beruflichen Problemen. In einer Gruppe von Kollegen stellen alle gleichrangig ihr Wissen und ihre Erfahrungen zur Verfügung. Dabei halten sie sich an eine bestimmte Struktur und agieren in klar voneinander abgegrenzten Rollen: Die Ratsuchende Pflegeperson schildert in der Rolle des Fallerzählers die Ausgangslage, die Entwicklung im zeitlichen Verlauf sowie bisherige Lösungsversuche, inklusive eigener Gedanken, Erklärungen und Gefühlen. Sie formuliert die Schlüsselfrage und gibt den Beratungswunsch an die Kollegen, die in der Rolle der Berater fungieren. Als Beratungsmethoden kommen zum Beispiel die Hypothesenentwicklung, das Teilen ähnlicher Erfahrungen oder ein Brainstorming für Lösungsideen in Frage. Eine Person übernimmt die Rolle des Moderators, der auf die Einhaltung der Struktur achtet und den Fallerzähler unterstützt im Prozess.
Rahmenbedingungen für erfolgreiches Lernen schaffen
Anne-Katrin Gerhardts betont die Bedeutung der digitalen Infrastruktur in Pflegeeinrichtungen. Neben technischen Voraussetzungen sind auch Kommunikationsstrukturen, Führungsstile und Zeitmanagement entscheidend. Diese Faktoren beeinflussen, wie Lerntechnologien in der Pflege genutzt und weiterentwickelt werden. „Sowohl die technischen – digitalen – Voraussetzungen einer Einrichtung als auch verstetigte Kommunikationsstrukturen, gelebtes Kultur- und Werteverständnis, ressourcenfokussiertes Zeitmanagement, Personalplanung und Personalentwicklung, Führungsverständnis und -kompetenz stellen Faktoren dar, die die jeweilige Einrichtung charakterisieren und die die Ausrichtung der Lernangebote- und Instrumente für die Mitarbeitenden entscheidend prägen.