Hauswirtschaft immer wieder neu denken
Fachkraftmangel, Finanzressourcen, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und neue Konzepte in der Seniorenverpflegung: Das sind die Schwerpunkt-Themen im Forum Verpflegung, Hauswirtschaft und Wohnen in Halle 7.
Hauswirtschaft immer wieder neu denken
Die Herausforderungen in den sozialen Einrichtungen bleiben nach wie vor groß und komplex. Darum ist es wichtig, aktuelle Problemstellungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und mit einem bereichsübergreifenden Ansatz Lösungen zu entwickeln. Diese umfassen sowohl den wissenschaftlichen als auch den praxisorientierten Blick. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft (dgh), dem Kompetenzzentrum Hauswirtschaft (KoHW) und dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) ist ein spannendes Programm entstanden.
Martina Schäfer, Vorstandsmitglied in der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft (dgh) sagt: „Der Fachkräftemangel sorgt für knappe Personalressourcen in den sozialen Einrichtungen. Darum ist es umso wichtiger, mit allen Bereichen ein gelingendes Schnittstellenmanagement zu installieren. Bei knappen Personalressourcen können gute Konzepte, Strukturen und gezielte Fortbildungen gewinnbringend eingesetzt werden. Das gilt auch für die ambulante Versorgung. Hier kann die Hauswirtschaft mit Ihrem Wissen und Tun punkten“.
Einsparpotenziale ohne Qualitätsverlust
Eine weitere enorme Herausforderung seien knappe Finanzressourcen. Häufig würden dann Entscheidungen zur Vergabe der hauswirtschaftlichen Dienstleistungsprozesse getroffen. Schäfer: „Wir fragen: Wann ist es sinnvoll? Und wo sind die Grenzen, wenn es darum geht, für den pflegebedürftigen Menschen in allen Lebenssituationen einen würdevollen Alltag zu gestalten? Nachhaltige Konzepte können in allen Bereichen Einsparpotenziale ohne Qualitätsverlust aufzeigen und so einen Beitrag leisten, insbesondere bei begrenzten finanziellen Mitteln.“ Zudem lädt die dgh zusammen mit weiteren Experten am Mittwoch, 9.4.2025, zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wie wollen wir in Zukunft versorgt werden? – Eigen- oder Fremdvergabe in Senioreneinrichtungen am Beispiel der Verpflegung und dem Wäschemanagement“ auf der ALTENPFLEGE ARENA ein.
Die Vortragsthemen der dgh orientieren sich entlang der genannten Schlagwörter: Konzepte zu nachhaltigem Handeln, Energieeffizienz in der Großküche, bereichsübergreifende Qualitätszirkel in Einrichtungen, personenzentrierte Versorgung, sowie haushaltsnahe Dienstleistungskonzepte in der ambulanten Versorgung. Und auch die digitalen Themen kommen nicht zu kurz: Wie kann eine geeignete Technikausstattung aussehen, damit eine hohe Lebensqualität zu Hause erreicht werden kann?
„Bleiben noch Fragen offen, bieten alle Kooperationspartnerinnen und -partner im Bereich der Forumsfläche spontan Diskussionen zu diesen und auch allen anderen Themen auf der Forumsfläche an. Umfangreiche Publikationen stehen zum Lesen und Stöbern zur Verfügung. Lassen Sie uns wissen, was Sie interessiert und wo der Schuh drückt“, so Martina Schäfer.
Digitalisierung kommt auch in der Hauswirtschaft an
„Da sich auch in der Hauswirtschaft in den nächsten Jahren der Fachkräftemangel weiter bemerkbar machen wird, unterstützen wir als Kompetenzzentrum Hauswirtschaft aktiv die Berufswerbung“, sagt Elke Messerschmidt, Kompetenzzentrum Hauswirtschaft. „Mit unseren Hauswirtschafts-Botschaftern wenden wir uns an junge Menschen, um das Berufsbild Hauswirtschaft vorzustellen. Vor allem im Bereich der hauswirtschaftlichen Dienstleistungen sehen wir einen großen Bedarf an hauswirtschaftlichen Fachkräften. Mit digitalen Unterlagen erleichtern wir Menschen den Start als Selbstständige in der Hauswirtschaft. Den digitalen Gründungsleitfaden stellen wir im Forum „Verpflegung, Hauswirtschaft & Wohnen“ vor.“
Durch die enge personelle Situation in hauswirtschaftlichen Betrieben gewinne die Digitalisierung an Bedeutung. Es gehe um den Einsatz von technischen Geräten, wie z. B. Reinigungsrobotern oder einer sinnvollen Anwendung von KI gesteuerten Hilfsmitteln. So müssten sich hauswirtschaftliche Fachkräfte in den nächsten Jahren verstärkt damit auseinandersetzen, welche alltäglichen Arbeiten von Robotern übernommen werden sollten und wie diese im Rahmen des vorhandenen Qualitätsmanagements zielführend eingesetzt werden könnten, so Messerschmidt. „Auch KI wird in diesem Zusammenhang den Alltag verstärkt prägen. Sie kann eine Hilfe sein, Sprachprobleme mit Mitarbeitenden zu verringern, Büroaufgaben schneller zu erledigen oder in der Öffentlichkeitsarbeit Unterstützung zu leisten. Aber ihr Einsatz birgt auch Gefahren. Hauswirtschaftliche Fachkräfte brauchen hier sowohl Anleitung zum zielführenden Einsatz sowie Informationen zum sicheren Umgang mit Daten und zum Erkennen von Fehlinformationen.“ Auch dieses Thema wird im Forum „Verpflegung, Hauswirtschaft & Wohnen“ in unterschiedlichen Facetten aufgegriffen.
Bei der Auswahl der Lebensmittel auf Nachhaltigkeit achten
Einer der wichtigsten Hebel einer nachhaltigeren Ernährung bzw. Verpflegung ist die Auswahl der Lebensmittel. Mit einer pflanzenbetonten Mischkost trägt das Verpflegungsangebot nicht nur zur Gesundheit der Kund:innen von „Essen auf Rädern“ sowie der Tischgäste in Senioreinrichtungen bei, sondern ist auch gut für die Umwelt und das Klima. Ricarda Corleis von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) erläutert: „Es gilt, Gemüse samt Hülsenfrüchten, Getreide, Nüsse und hochwertige pflanzliche Öle in den Mittelpunkt des Tellers zu rücken und dies mit den vielfältigen Wünschen, Bedürfnissen und Traditionen der Tischgäste in Einklang zu bringen. Dabei spielen eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit rund um das Speiseangebot ebenso wie die vielfältigen Kompetenzen der einzelnen Disziplinen Küche, Hauswirtschaft und Pflege eine entscheidende Rolle.“ Wie aber kann das in Zeiten gelingen, in denen das so bedeutende Personal eine begrenzte Ressource ist? Wie kann der Teller in der Senioreneinrichtung neu gedacht und der Verpflegungsbereich so gestaltet werden, dass mehr junge Menschen diesen als attraktiven Arbeitsplatz wahrnehmen? Die Kochshows, die im bewährten Duo durch Ricarda Corleis in Zusammenarbeit mit den erfahrenen Köchen und Coaches Karsten Bessai, Herbert Thill und Rudolf Paulson stattfinden, greifen genau diese Fragen auf. „Ein zukunftsfähiges Verpflegungsangebot, das den Anforderungen an die Gesundheit von Menschen und Erde gerecht wird, ist ein stetiger Entwicklungsprozess, bei dem wichtige Themen wie eine gute Kommunikation und ein flexibles und hochkompetentes Teamwork eine entscheidende Rolle spielen und immer wieder neu gedacht werden müssen. Gleichzeitig steckt darin großes Gestaltungspotenzial, das junge Menschen begeistern könnte, denn was gibt es Schöneres als ältere Menschen täglich genussvolle Höhepunkte zu bieten“, so die Referentin des IN FORM-Projekts, Ricarda Corleis.
Gefragt sind neue Ansätze in der Seniorenverpflegung
„Um eine ausgewogene und gesundheitsfördernde Ernährung für ältere Menschen zu gewährleisten, sind in der Seniorenverpflegung neue Ansätze gefragt. Hier setzt das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) mit den Bayerischen Leitlinien für die Seniorenverpflegung und einem umfangreichen Maßnahmenpaket an“, führt Nadja Färber vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) aus.
Die Sachgebiete Gemeinschaftsverpflegung an acht bayerischen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) bieten bayernweit Informationsveranstaltungen zu aktuellen Themen der Gemeinschaftsverpflegung und ein individuelles Beratungsangebot, das über einzelne Beratungstermine bis hin zu einem umfassenden Coaching reicht. Ziel ist eine gesundheitsförderliche, nachhaltige, wirtschaftliche und wertgeschätzte Seniorenverpflegung mit Genuss und regionaler Prägung. Nadja Färber: „Interessierte Messegäste können sich inspirieren lassen und wertvolle Informationen sowie Materialien zur Seniorenernährung in Bayern mitnehmen.“